Dekanat Kronberg

Angebote und Themen

Herzlich Willkommen! Schauen Sie, welche Angebote des Dekanates Kronberg zu Ihnen passen. Über das Kontaktformular sind wir offen für Ihre Anregungen.

AngeboteÜbersicht
Menümobile menu

Orgelbauer bei der Arbeit: Viele Berufe – eine Berufung

© Lieselotte WendlOrgelbauer Benjamin Kutter (rechts) und sein Auszubildender Lukas Ommer bei der Reinigung der Orgel in der Thomaskirche in MarxheimOrgelbauer Benjamin Kutter (rechts) und sein Auszubildender Lukas Ommer

Ein Orgelbaumeister und sein Auszubildender pflegen und erweitern die Orgel in der Marxheimer Thomaskirche.

Text.: Lieselotte Wendl

Vor rund sechs Jahren hatten Kirchenmusiker und Kirchenvorstand der evangelischen Thomasgemeinde in Hofheim-Marxheim begonnen zu planen, dann wurde Geld gesammelt und die Gemeinde hatte großzügig gespendet – und dann wr es im vergangenen Jahr endlich so weit: Die Orgelbauer kamen, um endlich da, um der mehr als 50 Jahre alten Weigle-Orgel eine Rundum-Erneuerung zu verpassen.

Als erstes stand eine gründliche Reinigung an. Die Arbeit, die damit verbunden war, ging von der Gemeinde weitgehend unbemerkt vonstatten. Statt in geplanten zwei Wochen schafften es die beiden Orgelbauer der Firma Kutter aus Friedrichsroda (Thüringen) in etwas mehr als einer Woche. Vielleicht war dem ein oder anderen aufgefallen, dass manchmal noch spätabends in der Kirche Licht brannte. Dann waren Benjamin Kutter, Chef der Firma Kutter – Thüringer Orgelbau, und sein Auszubildender Lukas Ommer immer noch zugange, um die Ausfallzeit der Orgel möglichst kurz zu halten. Dafür waren die beiden bereit, mehr oder weniger provisorisch auf Klappbetten im Bonhoeffer-Zimmer des Gemeindehauses zu schlafen, um keine Zeit mit Fahrten zwischen Einsatz- und Heimatort zu verschwenden.

Wie reinigt man eine Orgel? Zunächst so, wie man es von zu Hause kennt: Erstmal staubsaugen und dann feucht wischen. Wenn es denn so einfach wäre … Jede einzelne Pfeife – von der kleinsten aus Metall bis hin zu den großen fast wie lange Kisten anmutenden aus Holz – muss erst einmal ausgebaut werden. Und damit beim späteren Wiedereinbau nichts durcheinander gerät, werden sie sorgfältig gelagert: die kleinen in einem Regal, die großen auf Filztüchern auf dem Fußboden der Orgelempore. So viele Pfeifen – insgesamt mehr als 1.700 – und alle sollen wieder hinter, über und neben dem Spieltisch Platz finden? Gut, dass die Orgelbauer sehr genau wissen, was wohin gehört. Denn zu beachten ist, dass – je nach Register – auch mehrere Pfeifen beim Druck auf eine einzige Taste erklingen können.

Beim feuchten Wischen wird noch ein Mittel gegen möglichen Schimmel zugesetzt. Und dann werden alle Pfeifen mit Hochdruck durchgepustet, damit eventuell verbliebene Späne später nicht den Ton beeinträchtigen können.

Aber mit dem Wiedereinbau ist es längst nicht getan. Danach geht es ans Stimmen. Und wieder muss jede einzelne Pfeife geprüft und bei Missklang entsprechend verändert werden. Fragen Sie nicht, wie das geht. Nur so weit: Die kleinen aus Metall haben – sehr laienhaft ausgedrückt – eine kleine Rolle. Sie befindet sich dort, wo der Wind die Pfeife verlässt. Wird diese Rolle ein klein wenig eingerollt oder ausgerollt, wird der Pfeifenkörper länger oder kürzer. Dadurch verändert sich die Tonhöhe.

Aber wenn dann die neu gestimmte Orgel erklingt, will man gar nicht mehr wissen, wie das eigentlich ging. Da will man nur noch die Musik genießen.

Die Orgelreinigung in der Thomaskirche Hofheim-Marxheim war aber nur der erste Schritt zu einer umfassenden Sanierung. „Die Orgel der Thomaskirche hat eine grundsolide Qualität“, lobt Benjamin Kutter das inzwischen mehr als 50 Jahre alte Instrument. Diese sollte man erhalten. Dennoch ist sie in die Jahre gekommen, es gilt, Verschleißteile zu ersetzen. So muss etwa die Spielanlage erneuert werden und soll dabei auch gleich eine Erweiterung erfahren. „Zart und füllig“ wird sie dann klingen, verspricht der Orgelbauer. Ein drittes Manual gehört dazu, die Erneuerung der Taster und schließlich gibt es auch ein neues Register. Das werde zunächst, so Kutter, an der Wand aufgehängt, um dann später in einen Schwellkasten (ein mit Lamellen versehener Schrank) eingebaut zu werden, wodurch man das Instrument per Fußpedal laut und leise schalten kann.

Bisher funktioniert bei der Thomas-Orgel noch alles mechanisch. Die Erweiterung und Modernisierung bringt nun auch moderne Technik ins Spiel, wie etwa Elektromagnete und eine sogenannte Setzeranlage. Das ist laienhaft ausgedrückt, die Möglichkeit, Registrierungen zu speichern und abzurufen, was vor allem hilfreich ist, wenn verschiedene Menschen das Instrument spielen.

Kantorin Katharina Bereiter und Kantor Markus Stein konnten bei der Planung ihre Wünsche und Vorstellungen einbringen – sind sie doch diejenigen, die das Instrument am meisten spielen und die Gemeinde und Konzertpublikum erfreuen.

Die Orgelbau-Firma Kutter ist ein Thüringer Familienbetrieb, in dem derzeit fünf Menschen tätig sind. Wenn bei einem der Mitarbeiter die Rente ansteht, so ist das durchaus ein Problem. Denn Orgelbauer sind schwer zu finden. Umso glücklicher ist Benjamin Kutter, der 2018 von seinem Vater die Leitung des Betriebs übernahm, dass er mit Lukas Ommer einen engagierten Auszubildenden fand. Inzwischen hat der seine Ausbildung abgeschlossen und verstärkt nun als fertiger Orgelbauer das Team seines Lehrherrn. Dabei ist dem 23-Jährigen klar, dass er auch weiterhin lernen wird.

Er sagt einen Satz, der erklärt, warum der junge Mann mit seinem Chef auch mal Tag und Nacht zusammen ist, und sicher auf manches verzichtet, was anderen in seinem Alter wichtig ist: „Orgelbau ist kein Beruf, das ist eine Berufung“. Und wenn der sonst eher wortkarge Lukas Ommer beschreibt, wie er zum Orgelbau gekommen ist, lächelt er. Als Knirps von sieben Jahren erlebte er, wie seine Heimatgemeinde in Jena eine schöne Kutter-Orgel bekam. Schon damals spielte er Klavier, wünschte sich aber, auch einmal Orgel zu spielen. Die Gelegenheit, die Werkstatt der Kutters in Friedrichsroda zu besuchen, wo ihm der Chef einige kleine Pfeifen schenkte, gab seinen Wünschen eine Richtung. Mit den geschenkten Pfeifen versuchte der kleine Lukas, selbst eine Orgel zu bauen. Dass er dann nach mehreren Praktika die Ausbildung in Friedrichsroda begann, war nur folgerichtig. Zur Ausbildung gehörte, dass er die Berufsschule besuchte. Regelmäßig war er zum Blockunterricht in Ludwigsburg, der einzigen deutschen Berufsschule mit einer fachlichen Abteilung im Instrumentenbau. Da kommt der Nachwuchs für die Orgelbaufirmen her – allzu viele sind es leider nicht. In Ommers Klasse waren es zuletzt 34, darunter auch viele aus Österreich und der Schweiz, wo es keine solche Schule gibt.

Wer Orgelbauer wird, lernt mehr als nur ein einziges Handwerk. Schreiner, Elektriker, Metallbauer ist man, auch Elektronik gewinnt zunehmend an Bedeutung. Und man braucht Kraft. „Eine Windlade kann schon mal bis zu 300 Kilogramm wiegen“, sagt Lukas Ommer. Und dann schmunzelt der junge Mann: „Man muss auch auf die Linie achten, sonst bekommt man beim Ein- und Ausbau der Orgelpfeifen ein Problem.“ Wer einmal ins Innere einer Orgel geblickt hat, versteht, was er damit meint.

Derzeit sind die beiden Orgelbauer übrigens wieder in der Thomaskirche zugange. Jetzt werden unter anderen defekte Teile und die Elektrik erneuert und das neue Register eingebaut. Da die Thomaskirche Ende vergangenen Jahres mehrere Wochen nicht betreten werden durfte (nach dem Einsturz des Daches einer ähnlich gebauten Kirche in Kassel musste die Statik überprüft werden), haben sich die Arbeiten etwas verzögert. Doch Orgelbauer und Kirchenmusiker, Kirchenvorstand, Pfarrersleute und Gemeinde sind zuversichtlich, dass sie für die Wartezeit schon bald mit neuem Klang im Gottesdienst und bei Konzerte erfreut werden.

 

Diese Seite:Download PDFDrucken

to top